Mohnopol des Rausches, 2020 Kartographie gezeichnet auf Beipackzettel von verschiedenen Substitutions- & Beruhigungsmitteln, "Auswahl20" Aargauer Kunsthaus, Foto: René Rötheli

Das Mindmap ist eine Sammlung von Informationen welche ich im Laufe meiner Recherchen, seit 2014 bis dato zusammengetragen habe. Diese bestehen aus kulturgeschichtlichen und zeitgenössischen Auseinandersetzungen zum Thema Heroin und Konsum in einem grösserem Kontext betrachtet, aber auch zur Abhängigkeit in einem profanen System.
Die Kartographie zeigt die Verbindung zur Pharmaindustrie und die Tücken der Kunstszene aus meiner Perspektive. Es verdeutlicht wie alles mit allem verwoben ist: Kunst, Kommerz, Konsum sind Begriffe, die im Kern schon nicht unabhängig voneinander gedacht werden können!
Diese komplexen Verflechtungen, liess ich durch eine existierende Programmiersprache ordnen und bildlich darstellen. Es handelt sich um einen unabgeschlossenen eventuell unabschliessbaren Prozess. Wie das Bild einer seltsamen Blume oder einer heftigen Explosion, verästelt sich jeder Begriff in weitere. Das innerste Zentrum bleibt ”Kunst, Kommerz Konsum”, wobei die äussersten Spitzen sich dauernd erweitern können.
Einerseits interessiert mich das digitale Format als Open Source Archiv, das ich dauernd weiterführen kann, aber auch die Tatsache, dass ich anderen den Zugang zur Kartographie der Begriffe geben kann. Diese Form von Output erlaubt mir zwischen meinen Werken zu stehen, indem ich sie durch komplexe Bedeutungsebenen verknüpfe und zugleich die Situation, in der ich als Künstler in der gesellschaftlichen Welt agiere zu befragen und mich in Beziehung dazu zu setzen.
Andererseits wählte ich eine materielle Form des Zeigens für die Ausstellung. Handgeschrieben auf realen Medikamenten Beipackzetteln, wird die digitale Anordnung in die analoge Welt der Kartographie zurückgeholt. So gesehen erlaubt die Karte, unendliche Räume und Zusammenhänge zu entdecken.
Die uferlose Welt der Medikamente wie zB. Beruhigungsmittel, Antipsychotika, Antidepressiva und stimmungsstabilisierende Medikamente, die den Drogenkonsum regulieren oder den Entzug erträglich machen sollen, wird repräsentiert durch deren Beipackzettel und den aufgedruckten Anweisungen und Gefahren. - Die meisten Medikamente führen in eine neue Abhängigkeit. - Sie werden zum Träger der Zusammenhänge, die sich aus den Verflechtungen zwischen Kunst / Konsum / Kommerz ergeben. Ich frage mich, inwiefern sich diese scheinbar unterschiedlichen Welten gar nicht so sehr fernstehen, sondern sich gegenseitig bedingen.

Ausstellungsansicht, “Paperwork” Zitrone Manegg, Zürich, Juni 2020 / Datenstand: 2019, Foto: Marco Fedele di Catrano

Hintergrundinformation​; Der Weg zur Kartographie
Das erste grafische Abbild welches mir zur Veranschaulichung diente, erstellte ich 2014, infolge meiner Diplomarbeit “Heroins Zeugen” an der Fassade der F+F.
Dies war der erste Versuch das Thema in drei Themen zu ordnen (Drogen, Gesellschaft, Religion). Die Überschneidung von den Themengebieten Drogen und Gesellschaft wurden im Kreisdiagram schraffiert wiedergegeben.
Hier bediente ich mich der visuellen Darstellung, um die komplexe, teils verworrene Thematik von Abhängigkeit visuell einzuordnen und meine Idee einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Zeichnung an der Fassader der F+F Schule für Kunst und Design, Zürich, 2014

Zusammenhänge visuell eingeordnet, 2014

Mindmap mit den Hauptzweigen; Geschichte, Kunst, Konsum, Menschen, Drogen, Archive, 2015

Grundriss
Die stilisierte Struktur der Chemischen Formel von Heroin sollte die Ästhetik meiner Kartographie bilden. Das Gerüst der gegebenen Strukturformel (c21H23no5) welches ich extrahiert, multipliziert und in der eigenen Achse gedreht und kopiert habe, ähnelte frappant der Aufsicht einer Mohnkapsel.

Strukturformel von Heroin (Diamorphin), c21H23no5

Auszug aus dem Notizbuch

Mohnkapsel Zeichnung

2016
Somit war der Grundriss gegeben. Mit einem CAD-Program begann ich dieses Raster umzusetzen und die verschiedenen Themen darin einzugliedern. Das CAD- Program fand nur ansatzweise seine Wirkung. Optisch kam ich zwar dem nahe was ich mir vorgestellt habe, jedoch erwies sich die starre Handhabung mit dem zusätzlichen anfügen von Daten als unbrauchbar. Um jede neue hinzukommende Informationen einzupassen, musste ich nachträglich die gesamte Zeichnung neu rekonstruieren.

Die starre Darstellung der CAD Zeichnung, 2016

Die verfügbaren, angebotenen Applikationen zur einfachen Herstellung von Mindmaps lösten das Problem der Verteilung in der Grafik. Leider aber brachte das Abbild nicht die gewünschte Ästhetik mit sich. Vorteil war das man an jedem Knotenpunkt, zusätzlich Notizen und Bilder implementieren konnte ohne das die in der Zeichnung zum Vorschein kommen. Dazu die Möglichkeit die Knotenpunkte automatisch alphabetisch zu ordnen, brachte bei jedem neuen erstellten Datensatz Ordnung in meiner Suche. Für meine Ansprüche Aber war, die optische Ausgabe der Informationen inakzeptabel.

Darstellung aus einem Handelsüblichem Mindmap-Programm, 2018

2019
Das Ausprobieren mit andere Programmen erfüllte ebenfalls nicht meine Erwartungen. Zusätzlich kam in mir die Dringlichkeit meine Recherchearbeit online verfügbar zu machen. Die wachsende Datensammlung aber sprengte die Möglichkeit, meine Arbeit, nach meinem Sinne online stellen zu können ohne sich auf eine lange Ladezeit einstellen zu müssen.

Darstellung eines Mindmap-Programm mit freier Zeichnungsfunktion, bebildert, 2019

Nach ausgiebiger suche im Netzt kristallisierte sich ein spezifisches Javascript aus einer Open Source Datenbank als das geeignetste heraus. Das so genante ”Treelayout” das mit einem Algorithmus versehen der Herstellung von Node-Link Diagramme dient. Dieses Script das ich mir zu Nutze mache, ermöglicht mir beliebig viele Verknüpfungen herstellen zu können und die Ästhetik der Kartography dynamisch auszubalancieren.

Kartographie, Programmiert mit Javascript, Datenstand 2019

Ansicht der Webapplikation Version 1.0, 2019

Ansicht der Webapplikation Version 2.1, 2021

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